Freitag, 10. Juli 2015

Tag 3: Meeting Lady Liberty - oder: Oops, we did it again!

Vielleicht sind wir Münsterländer Landpomeranzen doch zu doof für die Tücken der Großstadt. Gestern haben wir geschlagene zwei-einhalb Stunden gebraucht, um von Jersey City nach Liberty Island zu gelangen. Dabei sah auf Apple-Maps alles so einfach aus: 21 Minuten Fußweg vom Hotel zur Anlegestelle von Statue Cruises an der Marina - fertig. Leider haben wir uns verlaufen und vor allem nicht gesehen, dass wir am kleinen Hafen von Jersey City einen Arm des Hudson überqueren mussten - wozu eine andere als die erwartete Fähre nötig war, wie uns freundliche und offenbar deutlich besser vorbereitete Touristen aufklärten. Nach längerer Wartezeit kreuzte diese Fähre auch tatsächlich auf und setzte uns zur eigentlichen Anlegestelle über. Für 20 Meter Flußüberquerung hatten wir da aber schon 40 Minuten Zeit verdaddelt. Endlich bei Statue Cruises, dem offiziellen Fährunternehmen für alle Fahrten nach Liberty Island, angekommen, schnaufte das große Fährschiff natürlich vor unseren Augen davon und wir konnten erst die nächste nehmen. Wenigstens konnten wir in der Zwischenzeit und später an Bord die Aussicht auf die Skyline von Manhattan in Ruhe genießen.


Und dann beginnt unser Meeting mit Lady Liberty. Während Manhattan immer kleiner wird, kommt die Freiheitsstatue immer näher. Selbst heute, bei wolkenverhangenem Himmel, sieht sie einfach wunderschön aus. Wie stolz und erhaben sie auf ihrem Sockel steht und die Fackel in den Himmel reckt! Was wohl die Millionen von Einwanderern, die per Schiff über den Atlantik kamen, bei ihrem Anblick, der ja der erste auf die Neue Welt war, empfunden haben? 


Auf Liberty Island angekommen, trennen sich unsere Wege: Charlotte und ich haben wieder Tickets für die Krone der Freiheitsstatue, während Dirk diesmal nicht mit hochklettern will. Vor zwei Jahren haben wir diese Tour gemeinsam gemacht, aber bei einer Größe von 1,94 m und Schuhgröße 46 sind die 168 Stufen über die niedrige, enge, sich schier endlos durch den Körper von Lady Liberty windende eiserne Wendeltreppe mit ihren viel zu kurzen Stufen zwar keine sportliche Herausforderung, aber auch kein Spaß. Dirk genießt diesmal lieber in Ruhe die Insel, während wir uns auf den Weg durch den eisernen Körper machen. Obwohl es heute nicht besonders heiß ist, ist die Luft im Inneren der Statue stickig. Die Treppe ist ungefähr so schmal wie ein Flugzeugsitz in der Economy Class (kein Witz), dabei aber total niedrig und mega-eng spiralförmig gewunden, so dass man sich mit jedem Schritt praktisch um sich selbst wickelt und einem beim Hochkraxeln schwindlig wird. 


Charlotte schaut immer wieder über das Treppengeländer nach unten - das versuche ich tunlichst zu vermeiden, damit mir nicht noch schwindliger wird. Keuchend und schnaufend erreichen wir die kleine Plattform ganz oben im "Gehirn" von Lady Liberty. Zwei Ranger haben dort Aufsicht, beantworten Fragen, machen Fotos der Touristen. Etwa sechs Besucher haben dort oben gleichzeitig Platz.



Zwischen den Streben im Kranz der Krone sind von innen Fenster angebracht, die zum Teil geöffnet sind. Lady Liberty's Kopf, in dem wir uns befinden, ist etwa 5 x 3 Meter groß, die Nase 1,48 m lang. 
Noch mehr Fakten:


Durch ein Fenster ganz links sehen wir genau auf die Tafel, die die Iron Lady in ihrer linken Hand hält, und können die Inschrift sehr gut lesen und fotografieren: JULY IV MDCCLXXVI, also 4.7.1776, das Datum der Unabhängigkeitserklärung:


Der Ausblick nach Manhattan ist leider trüb und diesig und ehrlich gesagt auch nicht so viel anders, als vom Podest der Statue aus, aber der Gedanke, von wo wir gerade auf die Skyline blicken, ist schon cool. Ein Strahl der Krone muss daher unbedingt wieder mit auf's Foto.


Beim Abstieg wird mir wieder total schwindlig. Jetzt bloß nicht über's Geländer schauen, sondern tapfer weitergehen - einfach hinter Charlotte her!


Unten angekommen habe ich das Gefühl, dass mir jemand Wackelpudding in die Knie gespritzt hat, und sinke nach Wasser lechzend auf die kühle steinerne Bank am Eingang. Jetzt sind wir zum 2. Mal "Crownies"! 

Wir beschließen, mit der Fähre nach Ellis Island rüberzuschippern. Auf der Einwandererinsel hat es uns bei unserem ersten New York-Besuch super gefallen. Wir lassen diesmal das Museum aus und betreten gleich den riesigen Registry Room, in dem die Einwanderer sich registrieren lassen mussten. Auch von mir waren Verwandte dabei: Mehrere Geschwister meiner Großmutter mütterlicherseits sind nach dem ersten Weltkrieg aus der Nähe von Stuttgart in die USA ausgewandert. Meine Großtante Elsie habe ich in den 70er-Jahren noch kennengelernt. Sie lebte in der Nähe von Philadelphia und machte die weltbesten Burger, zu denen echt schwäbische Spätzle gereicht wurden - eine großartige amerikanisch-schwäbische Liaison... Ihren Mädchennamen "Lautenschlager" finde ich tatsächlich an der Wall of Honor im Park von Ellis Island wieder, aber ob Adam oder Jacob Lautenschlager wirklich mit mir verwandt sind, weiß ich leider nicht.


Von Ellis Island aus nehmen wir Abschied von Lady Liberty. Danke für die Gastfreundschaft - es war gar nicht mal so ungemütlich in deinem Kopf!

Wir nehmen die Fähre Richtung Manhattan und verbringen den Nachmittag mit Extreme Shopping im "Century 21", dem Outlet-Paradies am Freedom Tower. Das heißt: eigentlich shoppt nur einer, und das ist ... Dirk! Als wir den Riesen-Store verlassen, ist es endlich mal etwas sonniger, und der Freedom Tower erstrahlt in vollem Glanz. Er bekommt gerade einen neuen Bahnhof, das ist die Baustelle mit dem futuristisch anmutenden Dach.


Zurück auf der anderen Seite des Hudson Rivers wird es Zeit für eine erste Bilanz: Hat es sich gelohnt, diesmal nicht in Manhattan, sondern in Jersey City zu übernachten? Ehrlich gesagt - nein. Das Hotel war zwar wirklich gut und im Verhältnis auch recht günstig - solch riesige Zimmer kriegt man in Manhattan nicht für diesen Preis. Aber die Nebenkosten gleichen die Ersparnis schnell wieder aus: Da wir zwar direkt gegenüber, auf der anderen Seite des Hudson, aber eben in einem anderen Bundesstaat wohnen und noch dazu der mautpflichtige Holland-Tunnel die Verbindung für Autos zwischen Manhattan und Jersey City ist (und der kostet 14 $ oneway - jedes Mal!), ist die Taxifahrt vom/zum Flughafen trotz Flatrate viel teurer, als in Manhattan und dauert auch viel länger, weil es im Tunnel IMMER Staus gibt. Praktisch: Der PATH Train braucht vom Hotel zum One World Trade Center keine 5 Minuten, ein Rückfahrticket kostet 5,50 $. Der Skyline-View ist genial und je nach Wetter und Tageszeit immer wieder anders, aber unterm Strich lohnt es sich nicht, New Jersey zu buchen - die Nebenkosten sind einfach zu hoch. Trotzdem war es ein schöner Aufenthalt und New York wieder einmal großartig, mit neuen Ein- und Aussichten, anstrengend, laut und einfach MEGA.

Der Abend wird kurz, denn morgen früh um halb sechs kommt das Shuttle, das uns zum Flughafen LaGuardia bringt, von wo wir nach Denver, Colorado fliegen. Blake & Krystle Carrington - wir kommen! 


Abschied von Manhattan morgens um 5:30 Uhr - die Stadt erwacht.





 

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