Donnerstag, 23. Juli 2015

Tag 16: Kodachrome und Krabbeltiere

Liebe Nico (das ist meine große Schwester, die mit mir u.a. eine ausgeprägte Krabbeltier-Phobie teilt), bitte lies jetzt besser nicht weiter. Wir sind irgendwo in der Pampa von Utah jenseits des Bryce Canyon in einer Blockhütte, und in der Broschüre zu unserer Unterkunft steht: "Rattlesnakes, scorpions, and poisonous spiders all inhabit this area." Na super. Ich dachte, ich hätte mein Spinnenphobie-Erlebnis für diesen Urlaub schon hinter mir (im Blogpost über den Grand Canyon nachzulesen) - und jetzt sterbe ich vermutlich heute Nacht, irgendwo in der Pampa von Utah, den langsamen und qualvollen Tod durch Skorpionbiss. Zu viel Natur ist irgendwie auch nicht das, was ich mir vom USA-Urlaub 2015 erträumt hatte. :-) 
Andererseits muss ich zugeben: Unsere Blockhütte, eine von nur sechs "Red Stone Cabins" im  Kodachrome Basin State Park, etwa 15 Meilen vom Bryce Canyon entfernt, ist nicht nur ein echter Geheimtipp, sondern schon auch sehr urig und gemütlich. Und erst der Ausblick von unserer kleinen Veranda! Einfach himmlisch!





Mit Sack und Pack und jeder Menge Fressalien, Wasser und Bier sind wir heute Nachmittag in unsere Hütte eingezogen. Weit und breit gibt es nämlich keine Einkaufsmöglichkeit, nur den winzigen Laden neben den Red Stone Cabins. Schon bei der Buchung hatten uns die Inhaber per Mail entsprechend vorgewarnt ("...no restaurants close by...buy groceries before coming to us..."). Bis zum nächsten bewohnten Haus sind es mindestens sechs Meilen. Zu jeder der sechs rustikalen kleinen Blockhäuser gehören ein kleiner Kühlschrank, eine Mikrowelle und draußen neben der Veranda ein Gasgrill. Vermutlich ist es überflüssig zu erwähnen, dass es selbstverständlich kein Internet, kein Telefon und kein GPS in dieser romantischen und fast unberührten Wildnis von Utah gibt. Dafür ist es hier herrlich friedlich, und der Gast zwei Cabins weiter malt den Ausblick:


Das Kodachrome Basin verdank seinen Namen Journalisten des National Geographic, die damit die Farbenpracht dieser Region würdigten. Trotz der Sommerhitze gibt es erstaunlich viel grüne Vegetation, aber es dominieren die Rot- und Orangetöne der sogenannten Hoodoos und Chimneys, das sind etwa 70, bis zu 50 Metern hohe schornstein-ähnliche Felsformationen, die einmal Geysire waren. Vor Jahrmillionen versteinerten sie und sind auf der ganzen Welt hier einmalig. Dazu der knallblaue Himmel - dass diese Farbenvielfalt Fotografen inspiriert, ist durchaus nachvollziehbar. 




Unser Tag begann aber am Morgen mit dem herzlichen Abschied von Eric und Jarod, unseren fabelhaften, umsichtigen Gastgebern im "Dreamkatchers Bed & Breakfast" in Big Water, das wir euch allerwärmsten empfehlen können, sollte es euch je in die Gegend von Page am Lake Powell verschlagen. Ein wunderschönes Haus mit nur drei Gästezimmern, zu denen jeweils ein eigenes Bad gehört, einem Jacuzzi auf der Garage unterm Sternenhimmel, dem leckersten Frühstück ever ever ever und dem - keine Übertreibung - besten Kaffee aller Zeiten. Zusammen mit Henk und Erna aus den Niederlanden und David und Jill aus Australien verbrachten wir dort zwei sehr nette Abende auf der Terrasse und haben uns sauwohl gefühlt. Von Big Water aus sind das riesige Erholungsgebiet am Lake Powell, Glen Canyon, Marble Canyon, die Navajo Bridge, Horseshoe Bend sowie Upper and Lower Antilope Canyon Fahrzeiten von nur fünf bis 45 Minuten entfernt. Wir hätten eigentlich mindestens zwei Tage mehr einplanen sollen! Aber auch den berühmten Bryce Canyon National Park, unsere Zwischenstation heute, erreicht man in zweieinhalb Stunden. Viele Amerikaner halten den Bryce Canyon für noch beeindruckender, als den Grand Canyon. Wir waren zwar auch begeistert von den "Hoodoos", den vielen kleinen Felstürmchen inmitten der unglaublich weiten Landschaft, aber an den Grand Canyon reichen diese Eindrücke dann doch nicht heran. Trotzdem ist Bryce Canyon auf jeden Fall ein sehr beeindruckender National Park. Die Hoodoos sehen ein wenig aus, wie zu groß geratene Sandtürmchen, wie man sie am Strand aus Wasser und Sand anhäufelt, wenn man nassen Sand durch die Hand tropfen lässt. Eine bizarre Landschaft mit vielen großartigen Aussichtspunkten entlang der etwa 30 Kilometer langen Scenic Route durch den Park. 



Spätestens heute hat sich unser Jahrespass für sämtliche (!) amerikanischen Nationalparks bezahlt gemacht, den wir schon am Anfang unserer Tour im Grand Sand Dunes National Park für 80 Dollar gekauft haben. Die einzelnen Nationalparks kosten jeweils mindestens 25 Dollar Eintritt pro Auto, so dass sich der Jahrespass schnell amortisiert. Und selbst wenn nicht, hat man damit dann doch wenigstens die wirklich aufwendigen Bemühungen der USA zur umweltfreundlichen Pflege und zum Erhalt der großartigen National Parks unterstützt. Und immerhin können wir den Jahrespass bis Ende Juli 2016 überall in den USA einsetzen. Da geht doch was?!?!
"Gespart" haben wir uns heute den Abstecher zum Zion Nationalpark, der auf unserer Route lag. Man kann entlang des "Grand Circle", der Nationalpark-Route durch die vier Bundesstaaten Colorado, New Mexico, Arizona und Utah, unmöglich alle der unzähligen Naturwunder besuchen. 
Während ich diesen Blog-Eintrag auf unserer winzigen Veranda vorschreibe, um ihn morgen - mangels Internet-Verbindung heute - zu posten, ist es ganz schnell Nacht geworden im Kodachrome Basin State Park bei den Red Stone Cabins. Da es hier "no light pollution" gibt, sieht man die Hand vor Augen nicht mehr. Nur der Bildschirm des iPad, die Sterne und der Mond leuchten. Und die Grillen zirpen dazu. Das etwas langweilige Schweizer Pärchen in der Nachbar-Hütte hat sich auf den Weg vor den Hütten gelegt, um den Sternenhimmel zu genießen, was wir nicht sehen, sondern nur hören können, obwohl die beiden kaum 10 Meter von uns entfernt liegen.



Gute Nacht! Drückt uns die Daumen, dass uns Schlangen, Skorpione und giftige Spinnen heute Nacht verschonen! Nico, hast du bis hierhin durchgehalten? :-)

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